«Das nationale Schwingfest wieder mit Zuschauern hat eine gewisse Normalität zurückgebracht.»
Reto Branschi, Direktor/CEO
Reto Branschi, Direktor/CEO, erläutert im Interview, wie sich die Destination Davos Klosters mitten in der Covid-19-Krise behauptet hat.
Reto Branschi, wir sind im Sertig und das aus gutem Grund: Hier hat im Juli nach über eineinhalb Jahren das erste nationale Schwingfest endlich wieder mit Zuschauern stattgefunden. Ein spezieller Event für die Schwingszene, aber sicher auch für uns.
Definitiv. Wir waren sehr stark involviert in die Schutzkonzept-Erstellung. Eigentlich hatten wir dies für den «Sertig Schwinget» erarbeitet und aufgrund dessen die Bewilligung vom Kanton erhalten. Der Anlass hat eine gewisse Normalität bei den Events zurückgebracht, weil es das erste Schwingfest wieder mit Publikum war. Dies war das Ziel, denn unser Slogan «Sports Unlimited» setzt dies voraus. Als wir dann die rundum zufriedenen Gesichter gesehen haben, war dies einfach nur grandios.
Dank der Schutzkonzepte war schon wieder vieles möglich. Kann man sagen, dass in Davos diesen Sommer bereits wieder Normalzustand herrschte?
Seitens Events ja. Bei den Gästezahlen hatten wir hingegen eine ganz schwierige Ausgangslage, da bei uns über 50 Prozent der Gäste aus dem Ausland kommen. Während der Pandemie sind diese Zahlen stark gesunken. Destinationen, die viele Schweizer Gäste anziehen, haben im gleichen Zeitraum plus 30 Prozent gemacht. Wir schon auch. Aber die minus 50 Prozent der ausländischen Gäste gleicht dies bei weitem nicht aus. Diesen Sommer haben wir jetzt gesehen, dass Schweizer Gäste wieder ins Ausland und die ausländischen Gäste wieder zu uns gekommen sind. So konnten wir zwar den wettertechnisch miserablen Juli sehr gut auffangen. Wir sind aber noch weit weg von den Zahlen von vor Corona.
«Zwischenzeitlich hatten wir
die Befürchtung, dass wir eine
Million Schweizer Franken Verlust schreiben.»
Dies ist nun bereits die dritte Saison mit der Pandemie. Wie geht es der Davos Destinations-Organisation heute?
Wir mussten brutal auf die Bremse treten: Mitarbeiter abbauen, Strukturen anpassen und Mitarbeitende flexibel und unkonventionell einsetzen. Zwischenzeitlich hatten wir die Befürchtung, dass wir eine Million Schweizer Franken Verlust schreiben. Dies hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Wir sind mit einem hellblauen Auge davon gekommen. Dies vor allem, weil alle sofort getroffenen Massnahmen gewirkt haben. Dabei dürfen wir nicht die Kurzarbeitsmassnahmen und Härtefallregelungen ausser Acht lassen.
Und dennoch musstest du in dieser Zeit viele unangenehme Entscheidungen fällen. War dies die schwierigste Zeit für dich in Davos Klosters?
Es gab auch andere schwierige Zeiten wie 2008 die Wirtschaftskrise oder später die Euro-Krise. So ein Ausmass wie zurzeit haben wir aber noch nie erlebt. Unzählige Schutzkonzepte, keine Planungsphasen: Wir haben von Stunde zu Stunde gelebt.
Hattest du Zweifel, ob das gut kommt?
Zweifel hatte ich ab und zu. Nur kommen wir damit nicht weiter. Wir müssen nach Lösungen suchen und trotz allem vorwärtsgehen.
«Für uns auf der operativen Ebene
war es extrem wichtig, selbständig
und kreativ wirken zu dürfen.»
Schauen wir vorwärts: Was erwartest du von der kommenden Wintersaison?
Ich schaue sehr positiv in die kommende Wintersaison. Ich gehe davon aus, dass bis dahin die Impfquote in der Schweiz so hoch ist, dass gewisse Massnahmen aufgehoben werden können. Sollte dies nicht der Fall sein, gibt es immerhin die Zertifikatspflicht. Diese gibt uns enorme Planungssicherheit.
Bedeutet dies mehr internationale Gäste?
Auf jeden Fall.
Kürzlich haben wir das Projekt Davos 2030 vorgestellt. Bis 2030 möchte Davos klimaneutral sein. Ist das nicht ein sehr ambitioniertes Ziel?
Das ist ein äusserst ambitioniertes Ziel. Aber Ziele sind da, damit man an ihnen arbeiten kann. Wenn wir nichts festlegen, dauert alles viel länger oder es wird nichts getan. Wir haben mit unserem klimaneutralen Kongresszentrum schon einen ersten Schritt gemacht. Da lag es auf der Hand, alles auf ganz Davos auszuweiten. Wenn man die Wetterkapriolen letzten Sommer auf der ganzen Welt beobachtet hat, ist es wirklich dringend nötig, etwas zu tun.
Die Ankündigung hat schweizweit für Schlagzeilen gesorgt. Welche Rückmeldungen hast du erhalten?
Durchwegs positive, bis auf ein paar vereinzelte, auch sarkastische nach dem Motto «Das schafft ihr sowieso nicht». Gerade in Davos mit dem WEF sei dies unmöglich. Aber vielfach steckt Unwissen dahinter, denn wenn man das WEF genauer anschaut, fällt einem auf: Die Organisation kompensiert die Aufwände nicht nur mit Geld, sondern unterstützt auch Aufbauprojekte, von denen die lokale Bevölkerung profitiert. Wenn man das Ganze betrachtet, ist das WEF sehr nachhaltig unterwegs.
Zum Schluss: VR-Präsident Paul Petzold tritt diesen Herbst nach vielen Jahren zurück. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Sensationell! Paul hat uns immer den Rücken gestärkt, ob intern oder gegen aussen. Er hat sich Tag und Nacht für die DDO eingesetzt. Und was sehr speziell war, er hat sich nie in die operative Ebene eingemischt. Strategie und Operatives hat er immer strikt getrennt. Paul war für mich ein toller Sparringspartner. Wenn ich abgehoben bin, hat er mich auf den Boden zurückgeholt und mir erklärt, wie das Leben funktioniert. Für uns auf der operativen Ebene war es extrem wichtig, selbständig und kreativ wirken zu dürfen. Paul hat auch immer wieder Fehler verziehen, die im Arbeitsalltag passieren. Er ist ein Präsident, den man sich als Mitarbeiter oder als CEO nur wünschen kann. Vielen lieben Dank Paul, für alles, was du für uns getan hast!